Wirklich etwas leisten: Die Landfrau

Was Leistung nun genau ist, hat kürzlich ein Bankvorstand erklärt, der behauptet, das ganze Gerede um sein vieles Geld, – nur ein paar Millionen im Jahr und auch noch brutto, – wäre nur der Neid von Menschen, die denen, die „wirklich etwas leisten“, ihren Ertrag nicht gönnen. Aha, Leistung ist also Verdienst und Verdienst bemisst sich in Euro. Demnach würden die Krankenschwestern wenig leisten, weil sie nicht viel verdienen und die Postboten und Friseurinnen auch nicht.

Andere sehen die Leistung in der Währung „Aufmerksamkeit“. Sie glauben, man kommt weiter, wenn man wenig tut, aber viel postet. Sich selbst mit einer großen Kaugummiblase vor einem Eisbecher zu fotografieren, halten sie für die eigentliche Leistung, um möglichst viele Follower zu gewinnen.

Aber es geht auch anders. Es war „Kartoffelfest“ unserer Frauengruppe und ich hatte im Kartoffelschälwettbewerb den zweiten Preis gewonnen. Den ersten Preis gewonnen hatte: die fast 80 –jährige Elly. Als ich ihr den Gewinn überreichte, einen kleinen Silberteller mit ausreichend Marzipankartoffeln drauf, war sie ganz fassungslos: „Das alles schenkst du mir?“ „Das ist dein Gewinn, Elly“, antwortete ich. „Wir haben gerade die geschälten Kartoffeln gewogen, du hast in 10 Minuten die meisten geschafft.“ Sie konnte das kaum glauben. „Ich doch nicht“, wehrte sie ab. Elly ist die typische Landfrau: Unentwegt arbeitend, immer lieb, freundlich, gut gelaunt, wahnsinnig versiert im Kochen, Backen, Nähen, Basteln, in wirklich fast allen Bereichen der Landwirtschaft, mit einem intuitiv sicheren Gefühl in der Kindererziehung, ohne jemals Psychologie studiert zu haben und engagiert sich außerdem noch nachhaltig in der Dorfgemeinschaft. Auf Deutsch: Ohne sie geht überhaupt nichts, aber wenn man sie auf ihr Können und ihre Leistung anspricht, hält sie das für einen Irrtum: Ich doch nicht … Die Landfrau ist ein herzlicher Mensch, hilfsbereit, zupackend und eher damit beschäftigt, wie sie die in sie gesetzten Erwartungen am besten erfüllt, als dass sie darüber nachdenken würde, was man ihr schuldig ist. Sie ist der Boden, auf dem sich jeder Zusammenhalt entfaltet. Die Landfrauen haben ganz selbstverständlich ein Netz aus Freundschaft und Unterstützung geschaffen, die manche Männer im oberen Business „Networking“ nennen und als großes Talent betrachten. Und auch wenn die Landfrau jeden Dank bescheiden abwehrt: „Aber man hilft sich doch …“ ist es natürlich ein großer Wert so viel funktionierende Gemeinschaft zu schaffen und deswegen ist es gut und richtig, dass es den Landfrauentag gibt, ein Tag, an dem die Landfrauen nur sich und ihre Gemeinschaft feiern. Mögen sie uns noch recht lange erhalten bleiben!

Denn auf sie trifft das Sprichwort zu:

„Nicht was du bist, ist was dich ehrt,

wie du bist, bestimmt den Wert.“

 

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Wirklich etwas leisten: Die Landfrau - Glosse von Ruth Hanke

Wirklich etwas leisten: Die Landfrau

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