Puschendorfer Kirchweih

Als Kind war der Tag, an dem mein Opa mit uns auf die Fürther Kirchweih ging, für uns der Tag des Jahres. Er hatte für seine vier Enkel das ganze Jahr über Markstücke gesammelt und jedem ein kleines Täschchen gegeben, in dem sich funkelnde 30 Mark befanden. Das war für uns damals ein Vermögen. „Also, Kinder teilt es euch gut ein!“, ermahnte er uns trotzdem und bewies ab da eine bewundernswerte Geduld: Er wartete vor allen Ständen, vor Schiffschaukel und Karussells, auch wenn wir drei- und viermal fahren wollten. Wenn wir schwer bepackt nach Hause fuhren und den beleuchteten Rathausturm in der Nacht funkeln sahen, hatte ich noch so viel Geld übrig, dass ich in der kommenden Woche mein Taschengeld damit verdoppeln konnte.

Ich erinnere mich an einen Nachmittag auf der Puschendorfer Kirchweih, wir hatten eine liebe Freundin getroffen und waren mit ihr ins Reden gekommen. Schließlich stellten wir fest, dass wir längst daheim sein sollten und strebten dem Ausgang zu, als mir der Bücherstand der Bücherei auffiel, der Bücher verkaufte, das Stück nur 1 Euro! Ich erwarb von dem letzten Geld in meinem Geldbeutel einen großen Korb Bücher und dann wollte ich gehen, ich wollte es wirklich. Aber vor dem Stand, der echte Topfblumen verloste, kam ich einfach nicht weiter. Ich kann nichts dafür. Blumen sind mein Methadon. „Ach, bitte!“, sagte ich zum Randolf. „Hast du noch etwas Kleingeld?“ „Und wie?“, hielt er dagegen. „Willst du auch nur noch einen Blumentopf tragen können?“ „Na, was soll ich schon groß gewinnen? Ich würde den Blumentopf tragen, wenn du die Bücher nimmst.“ Er gab mir Geld für 5 Lose. „Danke! Wie lieb von dir!“ Da gab er mir Geld für nochmal 5 Lose und wartete geduldig wie mein Opa, bis ich mich für alle der kleinen gerollten Papiere entschieden hatte. Mit dem ersten Los gewann ich eine feinblättrige Palme in einem gar nicht so kleinen Topf, mit dem zweiten eine Sonnenblume, mit dem dritten einen Farn und so ging das weiter, am Schluss hatte ich sieben oder acht Topfblumen gewonnen . Die hilfsbereiten Frauen des Blumenstands verpackten die Herrlichkeiten in zwei große Kartons und wie wir damit und den Büchern zum Auto gekommen sind, weiß ich nicht mehr. Einige Pflanzen habe ich verschenkt, manche sind verblüht, aber die Palme steht noch immer in Randolfs Raucherlaunch und erfreut sich bester Gesundheit. Und eine dunkelgrüne Sukkulente steht im Bad, die hat sich seitdem kaum verändert. „Aber sie ist doch stark gewachsen!“, meint der Randolf und deutet eine Höhe von mindestens 10 cm an. Dies kleine Gewächs erinnert mich an die Puschendorfer Kirchweih: Auch wenn sie etwas wächst, bleibt sie im Kern immer gleich und man hat eine wunderbare Erinnerung daran.

Die Kirchweih erinnert uns daran, dass wir die Kirche haben und lässt uns Gemeinschaft wieder neu erleben. Auch wenn in diesem Jahr alles anders sein muss, so:

Denk ich dran wie schön es war

Und freue mich auf nächstes Jahr!

 

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Puschendorfer Kirchweih - Glosse von Ruth Hanke

 

Puschendorfer Kirchweih

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