Ostereier verstecken
Wir hatten Ostereiersuchen im Kindergarten. Ich wurde vor die Tür geschickt und drinnen versteckten sie mein Osternest. Dann durfte ich reinkommen und suchen, während mir die anderen Kinder zusahen. Ich suchte gründlich und mit Hingabe, fand aber das Nest nicht. Der große Spielraum war gut aufgeräumt, es gab gar nicht so viele Stellen, um ein Osternest zu verstecken, aber ich wurde nicht fündig. Da fingen die Kinder an „heiß“ und „kalt“ zu rufen. Sie schrien so laut, dass mir fast die Ohren wehtaten, aber ich fand es nicht. Am Ende mussten mir die Kindergärtnerinnen das Osternest zeigen. Es stand auf dem Fensterbrett hinter einem durchsichtigen Vorhang. Wie hätte ich auf sowas kommen sollen? Das war wirklich nicht in Ordnung! Aber das leicht panische Gefühl, elementar auf der Leitung zu stehen, weil ich etwas sehen müsste, das ich aber nicht sehe, habe ich heute immer noch: Fast jedes Mal, wenn ich den Vorratsschrank öffne.
Ganz anders, als unser Sohn Daniel, der schon als kleines Kind über einen erstaunlichen Scharfblick verfügte. Weil der Dany seine Ostereier, und wenn wir sie noch raffiniert versteckt hatten, immer innerhalb weniger Sekunden fand, strengten wir uns jedes Jahr mehr mit seinem Versteck an. Einmal hatten wir sogar ein abstraktes Bild zweckentfremdet, in das wir in großen, schleierartigen Buchstaben: „20 Euro für Dany“ gemalt hatten. Auch das entlarvte er sekundenschnell. Aber als er 15 Jahre alt war, faltete ich den Geldschein in sehr kleine Leporellofalten und befestigte ihn, fast unsichtbar am Haarschmuck seiner kleinen, dreijährigen Schwester. Die Kleine hopste herum, war ihm einmal ferner und einmal näher; er konnte mit unseren „heiß“ und „kalt“ – Zurufen nichts anfangen, bis die Kleine plötzlich stehen blieb, worauf seinem argwöhnischem Blick eine winzige Unebenheit in ihrer Frisur auffiel und er den Geldschein aus der Tüllschleife zog. „Vier Minuten, 25 Sekunden“, resümierte der Randolf. „Okay, Punkt für euch“, gab der Dany lachend zu. Und so wurde das Versteck für Dany der Höhepunkt des Ostereiersuchens. Bei den Ostereiern sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Es gibt formschönes Holzspielzeug, das noch weit über Ostern hinaus benützt wird, ersehnte Legoteile, Kinderbücher für jedes Alter, die den Kindern lange Freude machen. Man kann selbstbemalte Eier verstecken oder welche aus Schokolade. Entscheidend ist die gemeinsame Zeit, der Spaß, den man hat und dass man in Bewegung bleibt. Frohe Ostern!
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