Vor deinen Tugenden nimm dich in Acht

Will man sein Lebenswerk aufbauen,
braucht man natürlich Selbstvertrauen.
Doch soll man auf dem Teppich bleiben
und es damit nicht übertreiben.
Man denkt sich groß, doch ist man klein,
im großen Mosaik ein Stein.
Man denkt, man sei aus hartem Holz,
auf seine Stärke ist man stolz,
doch wer beschützt uns in der Nacht?
Vor deinen Tugenden nimm dich in Acht!

Wer im Konzert oder beim Wandern
denkt, er ist besser als die andern,
kann schwerer heben, schneller rennen
und will sich keine Pause gönnen,
verkennt im Leben seinen Wert,
hat seine Tugend umgekehrt,
weil Hochmut ihren Sinn verkennt
und ihn von der Gemeinschaft trennt.
Manch Kühner stirbt an Übermut.
Vor deinen Tugenden sei auf der Hut!

Der Kluge soll sein Wissen teilen,
wer stark ist, soll zur Hilfe eilen,
wer nur sich selbst sucht, wird nicht frei,
am Ende ist es einerlei,
welches Talent man hat, zuletzt
zählt nur, wie man es eingesetzt.
Denn mancher kehrt mit Kondition
erst heim, wenn krähen die Hähne schon,
weil er die Nacht zum Tage macht:
Vor deinen Tugenden nimm dich in Acht!

 

Vor deinen Tugenden nimm dich in Acht - Gedicht von Ruth Hanke
Gedichte von Ruth HankeVor deinen Tugenden nimm dich in Acht

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