Frühjahrsmüdigkeit
Ein Mensch fühlt sich schon ganz benommen,
denn er sieht den Frühling kommen.
Und da, anstatt sich auszuruh´n
hat unser Mensch sehr viel zu tun.
Im Winter konnte er noch dösen,
Fernsehschauen, Rätsel lösen,
aber jetzt geht es ans Säen,
Unkraut jäten, Rasen mähen,
Grill herrichten, Pflanzen holen,
Gartenmöbel überholen.
Und sobald die Blumen sprießen,
muss der Mensch recht eifrig gießen.
Die ganze Welt ist wie berauscht:
Der Sommer wird stets aufgebauscht.
Er will Begeisterung gern dämpfen,
denn er muss Ameisen bekämpfen.
Dann kommt der Herbst, da geht’s erst los:
Der Apfelbaum steht riesengroß
mit vielen Litern Apfelwein,
doch der will erst vermostet sein.
Beim Denken, was noch vor ihm liegt,
und wie er es gebacken kriegt,
erfüllt ihn Stolz,
dass er es schafft.
Draußen ist es wechselhaft.
Er lächelt, denkt: Was mach ich hier?
setzt sich wieder, trinkt ein Bier
und genießt die freie Zeit:
Es ist ja noch nicht ganz so weit.
Gedichte von Ruth Hanke – Frühjahrsmüdigkeit