Die Krankheiten, die er nicht hat.

Ein Mensch hat der Beschwerden viel,
drum ist der Doktor jetzt sein Ziel.
Vielleicht ist´s Rheuma oder Gicht,
Lust aufzustehen hat er nicht,
mal schmerzt der Kopf, dann schmerzt das Bein,
es ist diffuses Unwohlsein.
Im Wartezimmer sieht er dann,
was man als Mensch so haben kann:
hört Worte wie Infarkt, Gastritis,
Schlaganfall und Meningitis,
worüber er nie nachgedacht.
Da wird einer hereingebracht,
voll Blut, – der Mensch sieht es entsetzt! –
der mit dem Messer sich verletzt.
So wartet der Mensch stundenlang,
zunehmend wird’s ums Herz ihm bang.
Dann sagt der Arzt: „Es tut mir Leid!
Ich hab jetzt wirklich keine Zeit!
Ich hab den Notfall drangenommen.
Können Sie nächstens wiederkommen?“
Der Mensch spürt an der frischen Luft,
wie der Kopfschmerz langsam verpufft,
fühlt sich auch ganz gesund soweit,
ist dankbar für die freie Zeit.
Zu Haus tut er ein Buch aufschlagen,
das Antwort weiß auf alle Fragen,
und studiert gründlich Blatt für Blatt,
die Krankheiten, die er nicht hat.

 

Die Krankheiten, die er nicht hat - Gedicht von Ruth Hanke
Gedichte von Ruth HankeDie Krankheiten, die er nicht hat

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